Optionsförderung für Freie Tanzschaffende
Mit diesem Instrument fördert die Landeshauptstadt München nachhaltig professionelle Künstler*innen im Bereich Tanz.
Über die Förderung
In diesem Rahmen können Anträge von Tanzschaffenden gestellt werden, die eine mehrjährige erfolgreiche, individuell ausgeprägte Arbeit mit erkennbarer öffentlicher und auch überregionaler Resonanz nachweisen und die durch ihre bisherige Tätigkeit darlegen können, professionell künstlerisch auf qualitativ hohem Niveau zu arbeiten. Darüber hinaus sollten sie über ein leistungsfähiges organisatorisches Potential verfügen und weiterführende Konzepte für die Fortsetzung ihrer künstlerischen Arbeit vorlegen.
Die Optionsförderung erfolgt über einen Zeitraum von drei Jahren. Die maximale Förderhöhe beträgt 100.000 Euro pro Jahr.
Bitte beachten
Aufgrund der geplanten Haushaltskonsolidierung für das Jahr 2025 kann es zu Abweichungen der empfohlenen Fördersummen kommen.
Die Optionsförderung für Freie Tanzschaffende erhielten
Anna Konjetzky: The Concept of Many
Seit 20 Jahren verfolgt die Münchnerin nun schon ihre choreografische Praxis und ist als Künstlerin wie auch Initiatorin zahlreicher Projekte aus der lokalen, überregionalen und internationalen Tanzszene nicht mehr wegzudenken. Wie Anna Konjetzky schreibt, ist in diesen Jahren Vieles passiert und dieses „Viele“ ist auch das Leitthema ihres Antrags auf eine erneute Optionsförderung (die sie bereits von 2013 bis 2015 sowie von 2016 bis 2018 erhalten hat): Viel – im Sinne von Many – bezieht sich aber nicht nur auf den sich verändernden Blick auf den Körper, auf die eigenen Positionen und auf die vielfältigen Wege der vergangenen 20 Jahre. Vielmehr geht es Konjetzky darum, im Rahmen der Optionsförderung Projekte im Spiegel von Vielfalt und Diversität umzusetzen, sich im Umgang mit der Gleichzeitigkeit verschiedener Realitäten zu üben und so Brücken zwischen verschiedenen Kontexten, Orten und Zeiten zu schlagen.
Insgesamt fünf Projekte wird Anna Konjetzky im Rahmen der dreijährigen Optionsförderung verfolgen: Dazu zählt eine Fortführung ihrer Auseinandersetzung mit Bewegung und Sprache, mit welcher sie über Rap Jugendliche für Feminismus begeistern möchte, eine zeithistorische Auseinandersetzung mit den in den vergangenen 20 Jahren entstandenen Werken im Rahmen einer performativen Ausstellung, die Untersuchung der Bewegung des Stampfens im Kontext ritueller und folkloristischer Tänze sowie von Protestformen, wie auch weitere Explorationen sozialer Choreografien sowie von (Poly-)Rhythmen des Lebens, Gehens und der Zeit.
Basis hierfür sind bereits international getourte Stücke wie „Songs of absence“ (2023) oder „Where are we now“ (2019) sowie die Erweiterung queerfeministischer Diskurse in München. Insgesamt ist der auf Austausch und Dialog setzende Antrag inhaltlich stark begründet. Als prägende Figur der Münchner Tanzszene – nicht nur als Choreografin, sondern auch als Diskurs und Bewegungspraxis stärkende Mitinitiatorin des „Playground“ – ist Anna Konjetzky stets präsent und sichtbar. Die Stärke ihrer Arbeiten liegt in der Verknüpfung von soziopolitischem Engagement und choreografischer Form, Kunst und Diskurs wie auch der feinen Auslotung des Verhältnisses von Körper und Raum. Ihr Antrag auf Optionsförderung öffnet zahlreiche Ansätze für diese Verknüpfungen und überzeugt sowohl künstlerisch als auch politisch in seinem Gesamtkonzept. Daher empfiehlt die Jury eine Optionsförderung von „The Concept of Many“ in Höhe von 95.000 Euro per annum.
Ceren Oran: Moving Borders
Die Künstlerin Ceren Oran ist seit rund einem Jahrzehnt fest in München verankert und zählt hier zu den herausragenden Repräsentant*innen der freien Tanzszene. Mit über 270 Gastauftritten replizierter Stücke in über 15 Ländern – darunter China, Indien, Kuba, Tschechien, Italien – zeugt sie gemeinsam mit der von ihr im Jahr 2022 gegründeten Kompanie „Moving Borders“ auf beispielhafte Weise von der Strahlkraft des Tanzes der bayerischen Landeshauptstadt. Folgerichtig wurde sie für ihren enormen Einsatz in puncto Nachhaltigkeit, Zugänglichkeit und Kooperation im Jahr 2022 mit dem Förderpreis Tanz der Landeshauptstadt München sowie mit der Optionsförderung in der Förderphase 2022-2024 ausgezeichnet – einer Phase, in der sich die Tänzerin und Choreografin künstlerisch überaus produktiv und innovativ zeigte. Die Jury ist überzeugt davon, dass Oran mithilfe einer sich anschließenden Phase der Optionsförderung ihr Potential noch mehr ausschöpfen wird und zugleich mit einem enormen Mehrwert für die Münchner und bayerische Tanzszene zu rechnen ist. Nicht zuletzt konnte Ceren Oran die Jury mit ihren geplanten künstlerischen Einzelvorhaben für den Zeitraum 2025-2027 überzeugen, welche unter anderem interdisziplinäre Produktionen wie „Listen!“, Sonderwiederaufnahmen wie „Heimat…los! After 10 Years“, Gastspiele im In- und Ausland, die Uraufführungen von „Blindness“ – als Veranstaltungsformat für sehende und nicht sehende Performer*innen – oder „Touch & Play – Eine relaxed Performance“ für ein neurotypisches und neurodiverses Publikum beinhalten. Es handelt sich in allen geplanten Veranstaltungsformaten um Projekte von außerordentlicher Relevanz für ein junges wie auch inklusives Publikum und überzeugte die Jury davon, diese für eine weitere Phase der Optionsförderung in Höhe von 93.000 Euro per annum zu empfehlen.
Moritz Ostruschnjak: READY-MADE REALNESS (AT)
Die Arbeiten des Münchner Choreografen Moritz Ostruschnjak sind durchdrungen von zeitgeistiger Qualität. Seine Themen sind direkt aus dem Jetzt geschöpft, teilweise intuitiv vorgegriffen, mit dem richtigen Gespür dafür, was sehr bald relevant und aktuell sein wird: Wie die digitale Entwicklung sich in unsere Körper schreibt, wie die Flut an Bildern und Informationen uns transformiert und wie wir selbst im viralen many-to-many daran beteiligt sind. Pick & Mix und Cut & Paste nennt er seine Arbeitsmethoden sowie die Kunst des Hyperlinks, die das Prinzip Assoziation im WWW weiterentwickelt hat. Found footage, Themenkomplexe, Phänomene, Bilder und natürlich verschiedenste Tanzstile aus allen möglichen Epochen werden ordentlich verarbeitet, ausgeschlachtet, umgeschichtet, präzise in ihre Einzelteile zerlegt und an anderer Stelle wieder zusammengesetzt. Die Dinge schreien gegeneinander an, die Brüche werden offen ausgelebt, verschlucken einander, verdauen sich gegenseitig und gebären etwas eigenwillig Gekreuztes. Die Körper, die Ostruschnjak choreografiert, behaupten nichts Definitives, nichts Permanentes, sondern markieren die allgemeine Verfügbarkeit jeglicher Standpunkte, Posen und Attitüden im Post-Internet-Jetzt. Und sie machen damit deutlich, dass das Heute morgen schon ganz anders aussehen kann – und wird. In diesem Schwebezustand des Nebeneinanders schafft er es, die ästhetische Ebene und die gesellschaftspolitischen Implikationen immer unvermittelter aufeinander zulaufen zu lassen, ohne sich dabei kritisch belehrend zu äußern. Hinter seinem Ansatz steht die große Freiheit, über die verschiedenen Realitäten nicht urteilen zu müssen, und die Faszination darüber, dass die Welt so ist wie sie ist. Aufgewachsen in Marburg, war Ostruschnjak als Jugendlicher Teil der Sprayer- und Breakdanceszene, bevor er an der Iwanson International School of Contemporary Dance in München und dann bei Maurice Béjart in Lausanne Tanz studierte. Nach ein paar Jahren als aktiver Tänzer im In- und Ausland arbeitet er seit 2015 als freischaffender Choreograf in München, hat mittlerweile die meisten Bühnen der Stadt bespielt und dabei immer wieder gezeigt, dass er mit intimen Räumen, wie beispielsweise dem schwere reiter Theater, genauso spektakulär umgehen kann wie mit der Bühne der Bayerischen Staatsoper, der ehemaligen Reithalle oder der Philharmonie München. Die Optionsförderung, die Moritz Ostruschnjak bereits seit 2022 erhält, ermöglichte es ihm und seinem Team, eine stabile künstlerische und organisatorische Basis aufzubauen und das Veranstalternetzwerk auszuweiten. Zahlreichen Gastspieleinladungen konnte in den letzten Jahren gefolgt werden, woraus wiederum erneute Einladungen und Auftragsarbeiten entstanden sind. In den kommenden drei Jahren möchte er den künstlerischen Fokus auf Praktiken des Urban Dance legen, sich verstärkt dem Komplex Bühnenraum und -bild widmen und mit Live-Musik arbeiten. Außerdem setzt er sich perspektivisch damit auseinander, Arbeiten an Orten wie öffentlichen Plätzen und Parks, Schlössern und Museen – auch über München hinaus im ländlichen Raum – umzusetzen. Um Moritz Ostruschnjak und seinem Team eine nachhaltige Planungssicherheit und künstlerische Entfaltung zu ermöglichen, empfiehlt die Jury eine dreijährige Optionsförderung in Höhe von jährlich 100.000 Euro.
- 2022 bis 2024
Carolin Jüngst; Ceren Oran; Moritz Ostruschnjak