Kultureller Ehrenpreis

Als höchste Anerkennung wird der Kulturelle Ehrenpreis vergeben. Er zeichnet Persönlichkeiten von internationaler Ausstrahlung für ihre besonderen Leistungen aus.

Für kulturelle oder wissenschaftliche Leistungen

Mit dem Kulturellen Ehrenpreis der Landeshauptstadt München, dotiert mit 10.000 Euro, wird seit 1958 jährlich eine Persönlichkeit von internationaler Ausstrahlung für ihre kulturellen oder wissenschaftlichen Leistungen ausgezeichnet.

Der Preis wird vergeben an Menschen, die eine enge Verbindung zu München als Ort des Schaffens haben.
Eine Jury schlägt dem Stadtrat den Preisträger* oder die Preisträger*in vor. Eigenbewerbung ist nicht möglich.
Der Jury gehören an: Fünf Fachjurorinnen, gegebenenfalls der Preisträger* oder die Preisträger*in des Vorjahres, der Oberbürgermeister, der Kulturreferent und fünf Mitglieder des ehrenamtlichen Stadtrats.

Den Kulturellen Ehrenpreis erhielten

Jurybegründung

Dagmar Nick zählt zu den eindrücklichsten Stimmen der deutschsprachigen Literatur nach 1945. Ihr Schreiben vereint über viele Jahrzehnte hinweg poetische Präzision und tiefes historisches Bewusstsein, ist immer unzeitgemäß im besten Sinne gewesen: nicht festzulegen, unabhängig – oder, wie sie selbst einmal sagte: „Man darf doch auch ein Solitär sein.“

Besonders die Zeit des Nationalsozialismus hat sich ihrem Werk eingeschrieben. Denn schon ihre Jugend wurde von ihm überschattet. Die Mutter galt als „Halbjüdin“ und erhielt als Sängerin Berufsverbot. 1944 floh die Familie vor der Bombardierung Berlins nach Bayern. In einem ihrer letzten Bücher, Eingefangene Schatten, hat Dagmar Nick bewegend Zeugnis darüber abgelegt. Fast liest es sich wie ein Vermächtnis.

Ihr literarischer Entdecker war Erich Kästner. Wenige Monate nach Kriegsende, im Oktober 1945, veröffentlichte er in der Münchner Neuen Zeitung ihr Gedicht Flucht. Es machte die erst 19-Jährige auf einen Schlag bekannt, der Auftakt zu einer langen, schöpferischen Laufbahn. Immer wieder wurde Dagmar Nick neben Ingeborg Bachmann und Hilde Domin zu den wichtigsten Lyrikerinnen der Nachkriegszeit gezählt. Und sie ist immer noch da, hellwach. Ihre Gedichte handeln vom Älterwerden, von Schmerz, von Liebe, Erinnerung, Verlust – und immer wieder vom unaufdringlich erzählten Alltäglichen. Die Sprache ist immer genau und von feiner Musikalität: „Wenn ich Gedichte schreibe“, sagt Dagmar Nick, „möchte ich sie auch sprechen können, sie müssen eine Schwingung haben“.

Auch in ihrer Prosa verbindet Dagmar Nick Beobachtung, Reflexion und Poesie zu großer Sprachkunst. Einige Israel-Texte entstanden aus einer mehrjährigen intensiven Auseinandersetzung mit dem Land, in dem sie in den 1960er Jahren auch lebte. Ihre Bücher Jüdisches Wirken in Breslau (1998) und Eingefangene Schatten (2015) sind eindrucksvolle Zeugnisse individueller Erinnerung, die deutsche Geschichte greifbar machen: genau recherchiert, persönlich erzählt, frei von moralischer Pose. Und in den Prosamonologen großer mythischer Frauenfiguren wie Medea (1988) und Penelope (2000) verleiht sie archaischen Stoffen eine moderne Stimme, öffnet den Frauen, die zu lange nur aus männlicher Perspektive gesehen wurden, einen sprachlich wie inhaltlich neuen Raum.

Seit 1967 lebt Dagmar Nick in München. Im Frühling feiert sie ihren 100. Geburtstag. Mit dem Kulturellen Ehrenpreis würdigt die Jury das Lebenswerk einer Schriftstellerin, die sich selbst als „Weltbürgerin ohne Heimatbewusstsein“ versteht – und doch der Stadt München seit über einem halben Jahrhundert verbunden ist.

Mitglieder der Jury

Der Jury unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Dieter Reiter gehörten an: Kulturreferent Marek Wiechers, Prof. Dr. Michael Brenner (Preisträger 2023), Sibylle Canonica (Residenztheater), Susanne Hermanski (Süddeutsche Zeitung), Prof. Jan Müller-Wieland (Hochschule für Musik und Theater München), Verena Nolte (Kulturallmende), Dr. Axel Sanjosé (Lyriker, Übersetzer) und aus dem Stadtrat: Angelika Pilz-Strasser und Dr. Florian Roth, Fraktion Die Grünen-Rosa Liste-Volt, Beatrix Burkhardt und Ulrike Grimm, CSU mit FREIE WÄHLER und Julia Schönfeld-Knor, Fraktion der SPD.

  • 2024: Lothar Schirmer
  • 2023: Prof. Dr. Michael Brenner
  • 2022: Julia Fischer
  • 2021: Ingvild Goetz
  • 2020: Hannah Schygulla
  • 2019: Gerhard Polt
  • 2018: Antje Kunstmann
  • 2017: Günter Rohrbach
  • 2016: Klaus Doldinger
  • 2015: Herlinde Koelbl
  • 2014: Werner Herzog
  • 2013: Dr. Uwe Timm
  • 2012: Prof. Dr. Jürgen Habermas
  • 2011: Senta Berger
  • 2010: Dieter Hildebrandt
  • 2009: Frank Baumbauer
  • 2008: Dietrich Fischer-Dieskau
  • 2007: Loriot
  • 2006: Ernst Maria Lang
  • 2005: Tankred Dorst und Ursula Ehler
  • 2004: Manfred Eicher
  • 2003: Sir Peter Jonas
  • 2002: Doris Dörrie
  • 2001: Anne-Sophie Mutter
  • 2000: Michael Krüger
  • 1999: Rolf Boysen
  • 1998: Dr. Rachel Salamander
  • 1997: Joachim Kaiser
  • 1996: Ulrich Beck
  • 1995: Hans Werner Henze
  • 1994: Hans Magnus Enzensberger
  • 1993: Dieter Dorn
  • 1992: Edgar Reitz
  • 1991: Stefan Moses
  • 1990: Konstanze Vernon
  • 1989: Rupprecht Geiger
  • 1988: August Everding
  • 1987: Günter Bialas
  • 1986: Dr. Alexander Kluge
  • 1985: Maria Nicklisch
  • 1984: Josef Henselmann
  • 1983: Wolfgang Sawallisch
  • 1982: Wolfgang Koeppen
  • 1981: Peter Lühr
  • 1980: Golo Mann
  • 1979: Dr. Karl Rahner S.J.
  • 1978: Carlos Kleiber
  • 1977: Heinz Rühmann
  • 1976: Professor Dr. Max Spindler
  • 1975: Willi Daume
  • 1974: Professor Toni Stadler
  • 1973: Alexander Mitscherlich
  • 1972: Werner Egk
  • 1971: Wilhelm Hoegner
  • 1970: Erich Kästner
  • 1969: Gertrud von Le Fort
  • 1968: Michelangelo Antonioni
  • 1967: Adolf Butenandt
  • 1966: Emil Preetorius
  • 1965: Carl Orff
  • 1964: Anna Freud
  • 1963: Mies van der Rohe
  • 1962: Fritz Kortner
  • 1961: Karl Schmid-Rottluff
  • 1960: Martin Buber
  • 1959: Bruno Walter
  • 1958: Werner Heisenberg

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