Starter Filmpreise

Auszeichnungen für künstlerisch herausragende Filme insbesondere von jungen, noch nicht etablierten Münchner Filmemacher*innen.

Über den Preis

Die Landeshauptstadt München vergibt jährlich drei mit jeweils 8.000 Euro dotierte Starter-Filmpreise für künstlerisch herausragende Filme insbesondere von jungen, noch nicht etablierten Münchner Filmemacher*innen, die in ihrer Arbeit einen kreativen Umgang mit dem Medium und stilistische Innovationsmomente erkennen lassen. Zusätzlich wird ein Starter-Filmpreis / Produktion vergeben - als geldwerte Leistung für die Postproduktion eines künftigen Films in Höhe von 8.000 Euro, gestiftet von Pharos – The Post Group. Eine Eigenbewerbung ist erforderlich. Die Starter Filmpreise werden seit 2019 im Rahmen des Filmfests München verliehen (2020 wurden sie aufgrund der Corona-Pandemie im Rahmen der Münchner Filmkunstwochen verliehen).

Die Starter Filmpreise erhielten

  • Emil Klattenhoff
  • Camille Tricaud und Franziska Unger
  • Aaron Arens
  • Julia Fuhr Mann

Jurybegründungen

Emil Klattenhoff für „Guten Tag“

Ständige Bewegung, haltlos, ruhelos, aufgewühlt. Das prägt Emil Klattenhoffs beglückenden Kurzfilm „Guten Tag“. Da ist eine Vater-Sohn-(Nicht-)Beziehung, wie man sie im deutschen Kino selten sieht, ein Ziehen und Zerren, eine mit viel Distanz und wenig Nähe ausgespielte Verhandlung über Liebe. Toni will zu seinem Vater Linne, der seit Kurzem getrennt ist und erst einmal versucht, die neue Freiheit überhaupt zu verstehen und zu fühlen, sich als Mensch, auch als sexuelles Wesen noch einmal neu zu erfinden. Und der Sohn: ist ein wildes Kraftpaket, der eine Eltern-Entscheidung über sein Leben nicht mehr akzeptieren will.

Ihre Geschichte wird am Münchner Hauptbahnhof verhandelt: Großbaustelle, Kommen und Gehen, Verspätungen und Stau. Klattenhoff und sein Kamerateam mit Jonas Kleinalstede und Paula Tschira haben auf 16 Millimeter eine bewegte Stadt eingefangen, Ecken und Kanten Münchens mit urbanem Flair. Die französische Nouvelle Vage lebte es vor. Raus auf die Straße, echtes Filmen. Die aufgewühlten Emotionen werden in diesem chaotischen Echoraum wunderbar genau gezeigt. Und die Zuschauer*innen schauen beglückt auf echte Kinobilder.

Camille Tricaud und Franziska Unger für „Slow Down the Fall“

Mitten in der spätsommerlichen alpinen Kulisse führen zwei Skispringerinnen synchron Bewegungen aus. Sie bewegen sich langsam, verzögert. Fast als wären sie unter Wasser.  „Slow Down the Fall“ – eine Momentaufnahme in Zeitlupe. Der Film von Camille Tricaud und Franziska Unger erfasst in konzentrierten, ausgewählten Aufnahmen auf 16mm-Material das kurze Wiedersehen zweier Sportlerinnen bei einem Werbedreh ihres Sponsoren. In kurzen Augenblicken neben dem Dreh brechen Vergangenheit und Beziehung der beiden Athletinnen durch, aber auch die davon zurückgebliebenen Narben. Coline, verkörpert von der Profispringerin Coline Mattel, und ihre Spielpartnerin Verena Altenberger beeindrucken mit ihren feinen Gesten und Blicken. Camille Tricaud und Franziska Unger gelingt mit „Slow Down the Fall“ eine starke Erzählung, die vieles verhandelt und dennoch minimalistisch und bewusst mit filmischen Stilmitteln umgeht. Die Welt des Profisports und die Kommerzialisierung physischer Leistungen wird mit Ironie und Lust erzählt, dient aber auch als Bühne für die zwei Hauptfiguren, die ihre Beziehung zueinander und zum Sport neu justieren. Der Film glänzt dabei durch seine handlungsstützende Mise en Scène: der Einsatz einer durchdachten Farbdramaturgie im Kostüm, die Positionierung der Körper im Frame und die delikate Beziehung der Kamera zu den Darstellerinnen. Das Einflechten von Archivmaterial von Coline Mattels Teilnahme bei den Olympischen Spielen 2014 verleiht dem Kurzfilm eine besondere Dramatik und Fallhöhe, als es in der letzten hypnotisierenden Einstellung zu einem Sprung von der Schanze kommt. Camille Tricaud und Franziska Unger haben mit „Slow Down the Fall“ einen geschliffenen Kurzfilm für die große Leinwand geschaffen, der Lust auf mehr macht.

Aaron Arens für „Sonnenplätze“

Der erste Kinospielfilm der Münchner Produktionsfirma Maverick Films ist auch der erste von Aaron Arens. Bei „Sonnenplätze“ führte der HFF-Absolvent nicht nur Regie, sondern ist auch für Drehbuch und Schnitt mitverantwortlich: ein echter Starter-Film.

„Sonnenplätze“ ist eine Familiengeschichte, trotz vieler komischer Momente mehr Drama als Komödie. Anti-Heldin des Films ist die erfolglose Nachwuchsautorin Sam, die, gerade von ihrem Freund verlassen, erst Unterschlupf bei ihrer Mutter sucht und dann gemeinsam mit ihrem Bruder, einem Klavierwunderkind, in das Ferienhaus der Familie auf Lanzarote flüchtet, wo sie ihren Roman fertig schreiben will. Doch auch ihr Vater, ein ehemaliger Erfolgsautor, hat sich dort einquartiert, womit das Drama seinen Lauf nimmt. Im Laufe der ungewollten Begegnung bröckeln die Fassaden der Künstlerexistenzen. Kann Freiheit ohne Geld noch Freiheit sein? Wieviel Ehrlichkeit verträgt der Literaturbetrieb? Als noch die Mutter mit ihrem Liebhaber dazukommt, wird das unfreiwillige Familientreffen zum Psychospiel.

Der Schauplatz Lanzarote ist eigentlich ein Sehnsuchtsort, doch selten wurde er so unwirtlich und verloren abgebildet wie hier in den CinemaScope-Bildern von Kameramann Tobias Blickle. Die karge, weite Landschaft gleicht mehr einem Alptraum, dem man nicht entrinnen kann. Die Darsteller*innen überzeugen allesamt, allen voran Julia Windischbauer als immer etwas ratlos wirkende Sam, die sich wie Don Quichotte im Kampf gegen die Windmühlen zu behaupten versucht. Der Elefant im Raum, oder besser im Ferienhaus, sind die unausgesprochenen Erwartungen und Enttäuschungen der Familienmitglieder, die sich vor allem durch intensive Blicke zeigen: zwischen Schwester und Bruder, Vater und Tochter, zwischen der Mutter und ihrem Liebhaber. Es war eine kluge Entscheidung des Regisseurs, das Personal und den Handlungsort überschaubar zu halten. So gelingt ihm der Balanceakt, in dieser nicht einfachen Konstellation jeder Figur ihre eigene Geschichte und Würde zu geben. Das Ende ist unerwartet verspielt. Und hoffnungsvoll.

Julia Fuhr Mann für „Life is not a competition, but I’m winning“
(Starter Filmpreis/Produktion 2024)

Ein Sportfilm der anderen Art: „Wenn die Geschichte von den Siegern geschrieben wird, wo bleiben dann all jene, deren Siege vergessen wurden?“ Anhand dieser Frage beleuchtet Julia Fuhr Mann in ihrem HFF-Abschlussfilm, dem hybriden Dokumentarfilm „Life is not a competition, but I’m winning“, die Diskriminierung weiblicher und queerer Athlet*innen der Sportgeschichte.

Wir erleben die Athletin Lina Radke, die 1928 den ersten 800m-Lauf der Olympischen Geschichte gewinnt, deren Sieg jedoch ignoriert wird, als sie im Ziel erschöpft zusammenbricht. Wir erleben Sportler*innen, deren Lebensleistungen nach ihrem Tod aus der Geschichte getilgt werden. Sportler*innen, die sich aufgrund zu hoher natürlicher Testosteronwerte Operationen unterziehen müssen, um an Wettkämpfen teilnehmen zu dürfen. Und die Geschichte von Amanda Reiter, die als Transfrau 2019 den Bayerischen Marathon gewinnt, von den Organisatoren jedoch nur als Zweitplatzierte gewürdigt wird – hinter einer Läuferin, die gar nicht erst angetreten ist.

Der Film vermischt klug Archivmaterial mit aktuellen Bildern und inszenierten Sequenzen. Er lässt Zeitebenen verschwimmen und schafft es, die Geschichte der Diskriminierung von Athlet*innen umzuschreiben – spielerisch, innovativ und mit einer großen Nähe zu den Protagonist*innen. Ein politischer Film, der aufzeigt, ohne anzuklagen. Ein Film, der Spaß macht, so sehr man auch immer wieder ungläubig den Kopf schütteln muss. So wie Julia Fuhr Mann in ihrer Regiearbeit beweist auch das Zusammenspiel mit dem Produktionsteam um Schuldenberg Films, wie man mutiges, radikales und innovatives Kino stemmen kann.

Mitglieder der Jury
Die Jury unter dem Vorsitz des Kulturreferenten Anton Biebl setzte sich in diesem Jahr wie folgt zusammen: Dunja Bialas (Filmjournalistin), Erec Brehmer (Filmemacher, Starter-Preisträger 2022), Claudia Engelhardt (Filmmuseum München), Christoph Gröner (Filmfest München), Anne Harder (ehem. Kinobetreiberin NEUES MAXIM) und Mila Zhluktenko (Filmemacherin, Preisträgerin 2023) sowie aus dem Stadtrat Marion Lüttig und David Süß (Fraktion Die Grünen-Rosa Liste), Ulrike Grimm und Leo Agerer (Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) und Lars Mentrup (Fraktion SPD/Volt).

  • 2023
    Nikita Gibalenko, Viktor Schimpf, Marie Zrenner, Daniel Asadi Faezi und Mila Zhluktenko (Starter-Filmpreis / Produktion 2023)
  • 2022
    Felix Klee, Hilarija Laura Ločmele, Lara Milena Brose & Kilian Armando Friedrich, Erec Brehmer (Starter-Filmpreis / Produktion 2022)
  • 2021
    Linda-Schiwa Klinkhammer, Josef Fink, Verena Wagner, Denise Riedmayr (Regie), Lillian Malan und Philipp Link (Produktion) (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2020
    Mariko Minoguchi, Anna Roller, Berthold Wahjudi, Narges Kalhor (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2019
    Benedikt Schwarzer, Lisa Voelter, Christian Hödl und Lene Pottgießer, Alex Schaad und Richard Lamprecht und Veronika Faistbauer (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2018
    Sylvain Cruiziat und Mila Zhluktenko, Jovana Reisinger, Anatol Schuster, Anna Roller und Tanja Schmidbauer (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2017
    Moritz S. Binder, Annelie Boros, Michael Ciesielski, Yulia Lokshina, Isabelle Bertolone, Marius Ehlayil (wirFILM) (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2016
    Mirjam Orthen, Matthias Koßmehl, Alexander Costea, Jakob Gross (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2015
    Franziska Schönenberger und Jayakrishnan Subramanian, Paul Meschùh, Helen Simon, Ozan Mermer (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2014
    Isa Micklitza, Isa Willinger, Anna Brass, Lukas Baier (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2013
    Wolfram Huke, Anna Frances Ewert, Pauline Roenneberg, Sebastian Bartetzko, Philip Grabow, Tobias Huber (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2012
    Michael Reithmeier, Peter Künzel und Frank Müller, Claudia Heindel, Josef Mayerhofer, Konstantin Ferstl (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2011
    Mareille Klein und Julie Kreuzer, Jesper Petzke, Christine Repond, Claudia Lehmann und Daria Onyshchenko (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH), Peter Baranowski (lobende Erwähnung)
  • 2010
    Jens Junker, Andy Wolff und Stefanie Brockhaus, Tomasz Emil Rudzik, Benedikt Böllhoff und Max Frauenknecht, Via Film GbR (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2009
    German Kral, Pia Strietmann, Stefanie Brockhaus und Pary El Qualqili (geteilter Preis), Mickel Rentsch (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH)
  • 2008
    August Pflugfelder, Alexander Riedel, Tim Trachte, Kathrin Geyh, Daniela Ljubinkovic, Regisseurin und Co-Produzentin Michaela Kezele, Target Film Produktion GbR, Mieko Azuma
  • 2007
    Oliver Haffner, Baran Bo Odar, Saara Aila Waasner
  • 2006
    Jens Christian Börner, Florian Gaag, Eva Marel Jura, Korinna Krauss und Janna Ji Wonders
  • 2005
    Jakob M. Erwa, Sonja Heiss, Gil Mehmert
  • 2004
    Sikander Goldau, Benjamin Heisenberg, Judith Malek–Mahdavi, Jens Schanze
  • 2003
    Maurus vom Scheidt, Ralf Westhoff
  • 2002
    Johannes Kaltenhauser und Florian Vogel, Stefanie Sycholt, Anthony Lew Shun
  • 2001
    Bettina Timm, Maren Ade, Markus Mörth
  • 2000
    Marco Petry, Christian Ehrhardt, Steffen Schäffler
  • 1999
    Florian Gallenberger, Christoph Stark, Sebastian Steinbichler und, Florian Vogel
  • 1998
    Matthias Lehmann, Benjamin Herrmann, Harald Rumpf, Thomas Riedelsheimer
  • 1997
    Jochen Kraus, Florian Schneider, Beryl Schennen, Vuk Jevremovic, Peter Thorwarth
  • 1996
    Uli Kick, Thomas Ciulei, Ulrich Gambke
  • 1995
    Stephan Puchner, Henrik Heckmann, Patrick Hörl
  • 1994
    Ulrich Weis, Erica und Paco Joan, Veit Helmer, Stefan Schneider ⁄ Walter Feistle
  • 1993
    Rainer Matsutani, Hans–Christian Schmid, Katja von Garnier
  • 1992
    Alexander Ammer, Walter Wehmeyer, Wladek Brobowski, Romuald Karmakar, Carsten Steigerwald
  • 1991
    Rainer Kaufmann, Hans Lang (Dokumentarpreis)
  • 1990
    Ralf Huettner, Nicolas Humbert (Dokumentarpreis)
  • 1989
    Maris Pfeiffer, Werner Prenzel (Dokumentarpreis)
  • 1988
    Lutz Konermann, Peter Heller (Dokumentarpreis)
  • 1987
    Philip Gröning, Claus Strigel und Betram Verhaag, DENKmalfilm (Dokumentarpreis)
  • 1986
    Ute Wieland
  • 1985
    Maria Knilli

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