Harare - Klimapartnerschaft
München und Harare führen seit 2017 eine Klimapartnerschaft mit dem Schwerpunkt Mobilität.
Warum Klimapartnerschaften?
Kommunen spielen eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel. München hat viele Projekte gestartet, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Internationale Kooperationen wie die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geförderten Klimapartnerschaften tragen dazu bei, gemeinsam mit anderen Kommunen den globalen Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren.
Gemeinsam für die Mobilitätswende
Seit 2017 arbeitet die Landeshauptstadt München mit ihrer langjährigen Partnerstadt Harare, der Hauptstadt Simbabwes, zu Klimaschutz und -wandel zusammen. Im Mittelpunkt steht dabei eine nachhaltige Stadt- und Verkehrsplanung - ein Thema, das beide Metropolen beschäftigt. Im Fokus der strategischen Planung stehen dabei u.a. eine Abkehr vom stark auf PKW basierenden Individualverkehr. Dazu soll die Fortbewegung zu Fuß und mit dem Fahrrad sicherer und attraktiver gestaltet werden, u.a. durch einen Ausbau des Fahrradwege-Netzes, mehr Fahrradstellplätze etc.
Harare sieht sich hierbei mit vielen Herausforderungen konfrontiert:
Der öffentliche Verkehr ist unstrukturiert, es gibt kaum öffentliche Transportmöglichkeiten. Stattdessen verstopfen sogenannte „Kombis“, kleine Pendlerbusse mit hohem Kraftstoffverbrauch, die Straßen. Ein Auto zu besitzen ist für viele Hararer ein wichtiges Statussymbol. Informelle Verkehrsmittel, „Kombis“ und Fahrräder gelten als unattraktive Verkehrsmittel. Sie werden vor allem von ärmeren Teilen der Bevölkerung genutzt. Besonders Fahrradfahren ist im dichten Verkehr Harares lebensgefährlich.
Die Stadtverwaltung von Harare möchte active mobility, das bedeutet Fahrradfahren und zu Fuß gehen, in der Stadt fördern. Nachhaltige Mobilität hilft dabei, das Klima zu schützen und die Luftqualität zu verbessern. Auch stellt sie eine wichtige Grundlage für soziale Gerechtigkeit, Teilhabe, Lebensqualität und wirtschaftliche Entwicklung dar.
Für mehr Hintergrundinformationen:
Meilensteine der Klimapartnerschaft
München nimmt gemeinsam mit ihrer Partnerstadt Harare am Förderprogramm „Kommunale Klimapartnerschaften“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung teil. Das Programm unterstützt Kommunen dabei, gemeinsame Aktivitäten zu Klimaschutz und Klimawandel zu entwickeln und umzusetzen. Mit der Stadt Harare ist vereinbart, sich dabei primär auf den Sektor Verkehrsplanung zu konzentrieren.
Zwischen 2017 und 2019 erarbeiteten beide Kommunen ein Handlungsprogramm zur Förderung nachhaltiger Mobilität in Harare. Darin wurden gemeinsame Zielen und Vorhaben für die nächsten Jahre definiert. Eine wesentliche Zielsetzung des Handlungsprogramms ist es, den Anteil klimafreundlicher Mobilität - insbesondere Radfahren, Zufußgehen und öffentliche Verkehrsmittel - zu erhöhen. Vielfältige Aktivitäten sollen zum Erreichen dieser Zielsetzung beitragen. So sollen durch Qualifizierungsmaßnahmen zur digitalen Verkehrsplanung die Kompetenzen der Verkehrsabteilung Harares ausgebaut werden. Auch die Förderung des Radverkehrs steht in Harare auf der Agenda. Vor allem die Münchner Radlnacht – mit mehreren Zehntausend Teilnehmenden - hat die Verkehrsplaner*innen aus der Partnerstadt überzeugt und inspiriert.
Neben den Mobilitätsplanungsabteilungen der beiden Stadtverwaltungen wirkten die Umweltorganisationen Green City München und Environment Africa aus Harare, sowie die Hochschulen beider Städte an der Erarbeitung einer gemeinsamen Strategie mit. Derzeit sind von Seiten der Stadtverwaltung das Mobilitätsreferat und das Kommunalreferat (Geodaten Service) eingebunden.
München - Harare: Rauf aufs Rad auf dem Weg zu nachhaltiger Mobilität
Seit 2022 unterstützt eine Entwicklungshelferin die Klimapartnerschaft zwischen München und Harare als Beraterin vor Ort. Ana Cortes wird über das Programm “Fachkräfte für kommunale Partnerschaften weltweit (FKPW)” finanziert. Sie berät bei Kommunikation, lokaler Vernetzung, nachhaltiger Partnerschaftsstrukturen und gibt neue Impulse für die Klimapartnerschaft. Ana Cortes berät auch die Verkehrs- und Transportabteilung der Stadt Harare zur Stakeholder-Aktivierung und zur Vorbereitung eines nachhaltigen, städtischen Mobilitätsplans. Ganz essenziell ist die Stärkung des Kooperationsmanagements und des Partnerschaftsnetzes mit München. Ana Cortes‘ Beratungseinsatz wurde bis März 2025 verlängert und soll nachhaltige Kooperationsstrukturen für die Zusammenarbeit mit München in Harare weiter auszubauen.
Expert*innen aus Harare und München nahmen 2023 am weltweit wichtigsten Radverkehrskongress teil. Unter dem Motto „Leading the Transition“ erwartete die über 1.000 Besucher*innen ein vielseitiges Programm mit innovativen Radverkehrslösungen. Gemeinsam mit den beteiligten Fachkolleg*innen aus dem Mobilitätsreferat und vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) wurden Anknüpfungspunkte gefunden sowie wertvolle neue Kontakte geschlossen.
Die Eindrücke aus Velo-City fließen in die weitere Zusammenarbeit zwischen den Partnerstädten ein: Die Projektidee zu „Let’s move together: Sustainable mobility in Harare“, einem Projekt zur strategischen Mobilitätsplanung in der Stadtverwaltung Harare, war geboren.
Folgende Eindrücke und Erkenntnisse haben unsere Klimapartner*innen aus Harare und unsere Kooperationspartner*innen aus München geteilt:
Ana Cortes (Beraterin, Stadt Harare): „Ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig es ist, Fahrradfahren für Kinder und Frauen zugänglich zu machen. Dafür müssen wir mit unseren Programmen u.a. in die Schulen gehen. Die Verkehrswende ist ein langer Prozess, bei der Konferenz haben wir aber festgestellt, dass Harare mit den geplanten Aktivitäten auf einem guten Weg ist. Städte sind für die Menschen, nicht für Autos: Dieses starke Credo soll die Triebfeder für unser gemeinsames Projekt sein.“
Brian Zvomuya (Verkehrsplaner, Stadt Harare): „Besonders bewegt haben mich die Berichte, wie Fahrräder in der kriegsgebeutelten Ukraine genutzt werden. Da Benzin knapp ist und vor allem für militärische Zwecke genutzt wird, sind Lastenräder und Fahrräder krisensichere Transport- und Fortbewegungsmittel. Diese Funktion hatte ich zuvor noch nicht wahrgenommen. Außerdem ist mir bei der Konferenz klar geworden, dass wir politische Entscheidungsträger*innen stärker in unser Projekt einbinden müssen – educate the decision makers ist das Motto!“
Bernadette Felsch (ADFC): „Es ist immer wieder schön und ermutigend, so viele Menschen zu treffen, die gemeinsam an einer besseren Welt (mit mehr Fahrradverkehr) arbeiten. Besonders wichtig für unsere Partnerschaft war der Austausch mit Vertreter*innen aus anderen afrikanischen Städten, z.B. Kampala in Uganda. Eine Herausforderung bleibt die Frage nach Zugängen: Die Velo-City-Konferenz ist für viele Interessierte schlicht zu teuer.“
Viktor Goebel (Mobilitätsreferat LHM): „Die Aufmerksamkeit für das Fahrradfahren hat weltweit zugenommen – das ist sehr gewinnbringend für unsere Arbeit in München und für das Thema an sich. Außerdem wird die Szene der Radfahrenden diverser: Frauen, Kinder, Menschen mit Behinderung bringen ihre Erfahrungen und Bedürfnisse ein und gestalten den Radverkehr mit. Meine konkreten Ideen für unsere beiden Kommunen: Radwege mit grüner Welle in München und ein Bikesharing-System für Harare.“
Die Entwicklung einer nachhaltigen Mobilitätsstrategie erfordert von den Mitarbeitenden in der Verkehrsplanung Kompetenzen in der digitalen Planung und Darstellung stadt- und verkehrsplanerischer Analysen und Konzepte. In diesem Projekt wurden daher in der Abteilung für Verkehrsplanung in der Hararer Stadtverwaltung Kenntnisse zur digitalen Erfassung und Darstellung räumlicher Daten vermittelt.
Im Mittelpunkt des Projektes stand der kompetente Gebrauch von Geoinformationssystemen (GIS). Dieser Aufbau einer eigenständigen GIS-Kompetenz in den planenden Abteilungen leitete sich aus den Münchner Erfahrungen ab, wo neben einem zentralen Geodatenpool, der federführend vom Vermessungsamt betreut wird, die planenden Abteilungen eigenständige GIS-Kompetenzen aufgebaut haben.
Innerhalb des ersten Quartals 2024 wurden Schulungen für die Mitarbeitenden der Verkehrsabteilung zur Erstellung von Karten durchgeführt und das dafür notwendige Equipment in Harare beschafft.
Das Projekt wurde aus dem Kleinprojektefonds der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt finanziert.
Informationen zum Kleinprojektefonds Kommunale Entwicklungspolitik
Welche Rolle spielt die Kunst für eine nachhaltige Verkehrswende in Harare und in München? Mit dieser Frage beschäftigen sich Künstler aus beiden Städten zusammen mit den zwei Stadtverwaltungen, um Menschen zu einem umwelt- und sozialbewussten Handeln anzuregen.
Die Stadt Harare erstickt im Autoverkehr, Fahrradfahren ist lebensgefährlich. Durch künstlerische Aktivitäten soll auf das Problem aufmerksam gemacht und so ein Beitrag für die Förderung der aktiven Mobilität in Städten geliefert werden. Dies bedeutet:
a) die Reduzierung der Schadstoffe und deren Klimafolgen
b) die sozio-ökonomischen Folgen durch die Verdrängung des Fahrrads für die ärmere Bevölkerung in Frage zu stellen.
Die Künstlerkollektive CaliGraph aus Harare und Markus Heinsdorff aus München verbindet ihr Interesse, die Kunst als treibende Kraft für sozio-ökologische Veränderungen zu verstehen.
Als erste Phase fanden gegenseitige Besuche der Künstler statt – die Grundlage für die Umsetzung eines gemeinsamen Kunst-Umwelt-Projekts in Harare. Markus Heinsdorff lernte 2022 – gefördert aus Bundesmitteln – mit einer Münchner Delegation Harare und die dortige Kunstszene kennen, während im November 2023 der Gegenbesuch seitens der Künstlergruppe CaliGraph mit zwei Protagonisten in München stattfand. Verbunden damit wurde ein Realisierungskonzeptes für öffentlichkeitswirksame Kunst-Aktions-Tage für aktive Mobilität in Harares Innenstadt erarbeitet. Diese Aktivität ist für 2024 geplant und ein Ergebnis dieses vierzehntägigen Austausches, der gemeinsam vom Kulturreferat und vom RAW unterstützt wurde.
Instagram-Profil des Künstlerkollektivs CaliGraph
Mehr Informationen zur Arbeit des Künstlers Markus Heinsdorff
Ein Sinneswandel, hin zur nachhaltigen Mobilität, ist das eine. Das andere ist die benötigte Hardware: Fahrräder, und die sind in Harare Mangelware. Deshalb brachten Vertreter*innen des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club) und der Partner-Organisation „Bikes for ZIM“ ein Mobilitätspaket auf den Weg. Gemeinsam mit Engagierten aus der Städtepartnerschaft packten sie Ende Mai 2024 über 400 gebrauchte Räder in einen Container. In Harare werden die Räder in der Werkstatt von Bikes for ZIM hergerichtet und dann für gemeinnützige Zwecke wie Radfahrschule oderTransportdienste genutzt.
Neuer Glanz für alte Reifen
Was passiert eigentlich mit Fahrrädern, die beispielsweise an U-Bahn-Stationen zurückgelassen werden? Regelmäßig sammelt die Stadt München sie ein und spendet sie an Menschen mit niedrigem Einkommen. In diesem Fall bedachten LHM und P + R GmbH die Menschen in der Partnerstadt Harare. Die Kosten für den Transport des Containers übernahm das BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).
Spannende Impulse, inspirierende Ortsbesichtigungen und viel Austausch zur Frage, wie andere Kommunen ihre Herausforderungen mit dem Fahrradfahren meistern – all das bot die Velo-city-Konferenz in Gent. Unter den rund 1.500 Besucher*innen waren auch Isiah Zvenyika Chawatama (Referent für Arbeit), Brian Zvomuya (Verkehrsplaner), Tapiwa Maudie Sithole (Stadtplanerin) und Ana Cortes (Beraterin bei der GIZ) aus Harare. Die Stadt München wurde durch Viktor Goebel und Dr. Florian Paul (beide Mobilitätsreferat) durch Vorträge und Inputs in den über 60 Sessions vertreten.
Kinder auf die Räder
Bei der Evaluation der Konferenz in München hielt die Harare-Delegation fest, dass es schon gute Ansätze gibt, um eine Fahrrad-Kultur in Harare zu etablieren. Aktionen wie die Fahrrad-Tage in Zusammenarbeit mit Künstler*innen sollen in Zukunft wiederholt werden. Zusätzlich sollen Kinder gezielt schon früh mit dem Fahrradfahren in Kontakt gebracht werden. Brian Zvomuya: „Wenn du 12 Jahre alt bist, ist es schwierig, Fahrrad-Kultur zu erlernen. In Gent und München hat uns beeindruckt, dass schon kleine Kinder Fahrrad fahren. Diesen Ansatz wollen wir in Harare auch verfolgen!“
Safety first
Um Kinder zum Fahrradfahren zu animieren, spielt natürlich auch die Sicherheit eine große Rolle. Tapiwa Maudie Sithole: „Hier können wir an die Verkehrssicherheitstrainings anknüpfen, die es in Harare schon gibt. Viele Kindergartenkinder, die aus dem Umland kommen, müssen sich erst an den Stadtverkehr gewöhnen und beispielsweise lernen, eine Kreuzung zu überqueren. Hier sollten wir das Fahrradfahren gleich mitvermitteln.“
Inklusion ist der Schlüssel
Eine weitere wichtige Erkenntnis für die Delegation war, dass aktive Mobilität unbedingt inklusiv gestaltet und an die Bedürfnisse von Kindern, Frauen, älteren Menschen, Menschen mit Behinderung etc. angepasst werden muss. Dafür braucht es aber einen Zwischenschritt, weiß Ana Cortes: „Um die aktive Mobilität in Harare inklusiv zu gestalten, müssen wir zunächst Daten erfassen. Zum Beispiel: Warum fahren Frauen weniger Fahrrad?“
Politische Weichen stellen
Auch die politischen Rahmenbedingungen müssen natürlich stimmen, betont Isiah Zvenyika Chawatama: „Bei der Konferenz in Gent waren viele hochrangige politische Vertreter*innen. Repräsentation ist gut und wichtig. Aber die größte Unterstützung, die Politiker*innen für aktive Mobilität leisten können, ist, aktiv politische Bedingungen zu schaffen, die eine sichere Teilnahme am Verkehr für alle ermöglichen.“
Good Practice Fahrrad-Parkplatz: Gent macht vor, wie's geht
Die Ergebnisse der Konferenz sollen auch in Harare mit allen Stakeholdern geteilt werden. Besonders wertvoll für eine Kommunikation, die begeistert, waren die Besichtigungen von Orten gelebter Good Practice, zum Beispiel eines großen Fahrrad-Parkplatzes in Gent. Im Anschluss sortierte Team Harare die Ergebnisse und Erfahrungen bei einem mehrtägigen Besuch in München.