Baumschutzverordnung der Landeshauptstadt München

vom 18. Januar 2013

Stadtratsbeschluss:                        19.12.2012

Bekanntmachung:                            11.02.2013 (MüABl. S. 66)

Die Landeshauptstadt München erlässt aufgrund von § 20 Abs. 2 Nr. 7, § 22 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 29 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2542), zuletzt geändert durch Gesetz vom 06.02.2012 (BGBl. I S. 148),  i.V.m. Art. 12 Abs. 1 Nr. 1, Art. 51 Abs. 1 Nr. 4 und Art. 43 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes über den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur (Bayerisches Naturschutzgesetz - BayNatSchG) vom 23.02.2011 (GVBl. S. 82, BayRS 791-1-UG) folgende Verordnung:

§ 1 Schutzgegenstand

(1) Auf den Grundstücken innerhalb der in Abs. 5 umschriebenen Gebiete sind alle Gehölze (Bäume und Sträucher), die einen Stammumfang von 80 cm und mehr in 100 cm Höhe über dem Erdboden haben, unter Schutz gestellt.

(2) Geschützt sind auch mehrstämmige Gehölze, wenn die Summe der Stammumfänge in 1 m Höhe über dem Erdboden 80 cm und mehr beträgt und wenn mindestens ein Stamm einen Umfang von 40 cm oder mehr erreicht. Ein mehrstämmiges Gehölz liegt vor, wenn aus einem Wurzelstock mehrere Stämme wachsen oder wenn sich ein Stamm unterhalb einer Höhe von 100 cm über dem Erdboden gabelt. Ein mehrstämmiges Gehölz liegt außerdem vor, wenn mehrere Stämme, die auch aus verschiedenen Sämlingen entstanden sein können, zusammengewachsen sind.

(3) Geschützt sind auch die Ersatzpflanzungen, die nach dieser Verordnung gefordert werden, auch wenn sie das Maß nach Abs. 1 nicht erreichen oder unter die nach Abs. 4 nicht geschützten Arten fallen.

(4) Nicht geschützt gemäß Abs. 1 und 2 sind Hecken, die als lebende Einfriedungen dienen und durch regelmäßigen Schnitt in Form gehalten werden, sowie Obstgehölze, mit Ausnahme folgender Arten: Walnuss, Holzbirne, Holzapfel, Vogelkirsche, Holunder und Hasel.

(5) Die Grenzen des geschützten Bereiches ergeben sich aus der Karte Maßstab 1 : 25 000 (Anlage 1 zur Baumschutzverordnung), welche den Grenzverlauf grob umschreibt, sowie aus 81 Karten  im Maßstab 1 : 5000 (Anlagen 2 - 82 zur Baumschutzverordnung), jeweils ausgefertigt am 18.01.2013.

Maßgeblich für den Grenzverlauf des Schutzgebietes ist der Eintrag in den Anlagen 2 - 82  und dort jeweils die Außenkante des grün dargestellten Bereiches.

Die Anlagen 1 - 82 sind Bestandteil dieser Verordnung.

Sie werden bei der Landeshauptstadt München, Untere Naturschutzbehörde, verwahrt und sind während der Dienststunden allgemein zugänglich.

§ 2 Schutzzweck

Zweck der Verordnung ist es,

1.     eine angemessene innerörtliche Durchgrünung sicherzustellen,

2.     das Ortsbild zu beleben,

3.     die  Leistungsfähigkeit des  Naturhaushaltes  zu  erhalten und zu verbessern,

4.     schädliche Umwelteinwirkungen zu mindern.

§ 3 Verbote

(1) Es ist verboten, lebende Gehölze, die nach § 1 geschützt sind, ohne Genehmigung der Landeshauptstadt München,  Untere Naturschutzbehörde,  zu entfernen, zu zerstören oder zu verändern.

(2) Ein Entfernen im Sinne des Abs. 1 liegt insbesondere dann vor, wenn nach § 1 geschützte Gehölze gefällt, abgeschnitten, abgebrannt oder entwurzelt werden. Das fachgerechte Verpflanzen nach den anerkannten Regeln der Technik eines geschützten Gehölzes auf demselben Grundstück stellt kein Entfernen dar.

(3) Ein Zerstören im Sinne des Abs. 1 liegt insbesondere dann vor, wenn Maßnahmen vorgenommen oder dadurch bewirkte Zustände aufrecht erhalten werden, die zum Absterben von Gehölzen führen.

(4) Ein Verändern im Sinne des Abs. 1 liegt insbesondere dann vor, wenn an Gehölzen Eingriffe vorgenommen werden, die das charakteristische Aussehen verändern, das weitere Wachstum behindern oder das Gehölz in seiner Gesundheit schädigen.

(5) Unter die Verbote des Abs. 1 fallen auch Einwirkungen auf den Raum (Wurzel- und Kronenbereich), den geschützte Gehölze zur Existenz benötigen, soweit sie erfahrungsgemäß zur Schädigung oder zum Absterben der Gehölze führen. Einwirkungen im Sinne von Satz 1 sind insbesondere folgende Maßnahmen im Kronentraufbereich (die von der Baumkrone überdeckte Bodenfläche) von geschützten Gehölzen:

-      Befestigen der Bodenoberfläche mit einem wasserundurchlässigen Belag,

-      Lagern, Anschütten oder Ausgießen von Salzen, Säuren, Ölen, Laugen, Farben, Abwässern oder Abfällen,

-      Abgrabungen, Ausschachtungen (z. B. durch Aushebung von Gräben), Aufschüttungen oder Bodenverdichtungen (z.B. durch Befahren),

-      Austretenlassen von Gasen oder anderen schädlichen Stoffen aus Leitungen,

-      Anwendung von Unkrautvernichtungsmitteln (Herbizide), soweit sie nicht für die Anwendung unter Gehölzen zugelassen sind,

-      Anwendung von Streusalzen,

-      Grundwasserveränderungen.

§ 4 Ausnahmen

Von den Verboten dieser Verordnung sind ausgenommen:

1.     Gehölze in gewerblichen Baumschulen und Gärtnereien,

2.     der fachgerechte Gehölzschnitt nach den anerkannten Regeln der Technik, der den Bestand erhält,

3.     die fachgerechte Gestaltung,  Pflege  und Sicherung öffentlicher Grünflächen,bestehender Straßen und Bahnbetriebsanlagen einschließlich der Maßnahmen, die auf diesen Flächen der Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht dienen.

§ 5 Genehmigung und Befreiung

(1) Das Entfernen, Zerstören oder Verändern geschützter Gehölze kann auf Antrag genehmigt werden, wenn

1.     aufgrund anderer Rechtsvorschriften ein Anspruch auf Genehmigung eines Vorhabens besteht, dessen Verwirklichung ohne eine Entfernung, Zerstörung oder Veränderung von Gehölzen nicht möglich ist, oder

2.     der Bestand oder die Nutzbarkeit eines Grundstücks oder eines vorhandenen Gebäudes unzumutbar beeinträchtigt wird, oder

3.     die ausgeübte gewerbliche Nutzung eines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird.

(2) Die Genehmigung muss erteilt werden, wenn die geschützten Gehölze krank sind und ihre Erhaltung nicht im öffentlichen Interesse geboten oder nicht möglich ist.

(3) Von den Verboten dieser Verordnung kann im Einzelfall Befreiung nach den Vorschriften des § 67 Abs. 1 und 3 BNatSchG i.V.m. Art. 56 BayNatSchG erteilt werden.

§ 6 Maßnahmen zur Beseitigung unmittelbar drohender Gefahren

(1) Für Maßnahmen zur Beseitigung unmittelbar drohender Gefahren gilt die Genehmigung als erteilt. Die Maßnahmen sind der Unteren Naturschutzbehörde vorab, spätestens jedoch zwei Wochen nach Durchführung, unter Vorlage von aussagekräftigen Unterlagen, schriftlich anzuzeigen.

(2) Die Untere Naturschutzbehörde kann in diesen Fällen nachträglich Auflagen gemäß § 7 Abs. 2 erteilen.

§ 7 Ersatzpflanzung und Ausgleichszahlung

(1) Die Genehmigung nach § 5 kann mit Nebenbestimmungen, insbesondere Auflagen, Bedingungen, Befristungen erteilt werden.

(2) Insbesondere kann die Auflage erteilt werden, dass für die eintretende Bestandsminderung angemessener Ersatz durch die Anpflanzung von Gehölzen geleistet wird. Dabei ist unter Berücksichtigung der Vitalität und der ökologischen Bedeutung jedes einzelnen zur Beseitigung vorgesehenen Gehölzes die Angemessenheit einer Ersatzpflanzung hinsichtlich Art und Umfang im Einzelfall abzuwägen. So kann neben dem kompletten Verzicht auf eine Ersatzpflanzung auch von einer Forderung von Ersatzbäumen in gleicher Anzahl abgesehen werden, wenn mehrere in ihrem Potential maßgeblich eingeschränkte Gehölze gefällt werden sollen. Dagegen kann auch für die Entfernung eines einzelnen, noch vitalen und dominanten Baumes die Forderung von mehreren Ersatzpflanzungen erfolgen. Es können Mindestgrößen, Gehölzarten und Pflanzfristen näher bestimmt werden. Wachsen Ersatzpflanzungen nicht an, so ist eine erneute Pflanzung vorzunehmen.

(3) Werden entgegen den Verboten des § 3 geschützte Gehölze entfernt, zerstört oder verändert, kann die Eigentümerin bzw. der Eigentümer, sonstige Berechtigte oder Verursacherinnen bzw. Verursacher zu angemessenen Ersatzpflanzungen zum Ausgleich für die eingetretene Bestandsminderung verpflichtet werden. Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Ist in den Fällen des Abs. 2 und 3 eine angemessene Ersatzpflanzung nicht möglich oder zumutbar, kann eine Ausgleichszahlung gefordert werden, deren Höhe sich nach den Kosten richtet, die für eine angemessene Ersatzpflanzung auf öffentlichen Grünflächen hinsichtlich Anschaffung, Lieferung, fachgerechter Pflanzung und Fertigstellungspflege erforderlich sind. Die Ausgleichszahlung ist zweckgebunden für die Neupflanzung von Gehölzen sowie für Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen zu verwenden.

(5) Wurden ohne Genehmigung Maßnahmen vorgenommen, die nach § 3 Abs. 3 - 5 verboten sind, so kann die Untere Naturschutzbehörde anordnen, dass geeignete Vorkehrungen zur Erhaltung des gefährdeten Gehölzes getroffen werden.

§ 8 Sanierungszuschuss

Übersteigen die Aufwendungen für die Erhaltung und Sicherung eines geschützten Gehölzes erheblich die Aufwendungen für die übliche Pflege und liegt die Erhaltung im öffentlichen Interesse, so kann die Landeshauptstadt München einen angemessenen Zuschuss zu den Kosten gewähren.

§ 9 Zuständigkeiten und Verfahren

(1) Für den Vollzug dieser Verordnung ist die Landeshauptstadt München,  Untere Naturschutzbehörde,  zuständig, soweit sich nicht aus Abs. 2 etwas anderes ergibt.

Die Genehmigung nach § 5 ist bei der Unteren Naturschutzbehörde unter Angabe der Gründe schriftlich zu beantragen. Im Antrag sind die betroffenen Gehölze nach Art, Stammumfang und Höhe sowie nach ihrer Lage auf dem Grundstück zu bezeichnen. Die Untere Naturschutzbehörde kann die Vorlage von Plänen verlangen und dabei Anzahl, Maßstab und Inhalt festlegen.

(2) Wird die Maßnahme durch ein Vorhaben veranlasst, das nach anderen Rechtsvorschriften gestattungsbedürftig ist, so ist der Antrag bei der für diese Verfahren zuständigen Behörde einzureichen. Abs. 1 Sätze 3 und 4 gelten entsprechend. Die für das Gestattungsverfahren zuständige Behörde entscheidet nach Maßgabe dieser Verordnung im Einvernehmen mit der Unteren Naturschutzbehörde.

§ 10 Rechtsnachfolge

Die Genehmigungen, Anordnungen und Auflagen gemäß den Vorschriften dieser Verordnung wirken für und gegen die Rechtsnachfolgerinnen bzw. Rechtsnachfolger.

§ 11 Ordnungswidrigkeiten

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 3 geschützte Gehölze entfernt, zerstört oder verändert, kann gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 2 des Bayerischen Naturschutzgesetzes mit einer Geldbuße belegt werden.

(2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine vollziehbare Nebenbestimmung in Form der Auflage zu einer Genehmigung (Auflagen) nicht erfüllt, die gemäß § 7 Abs. 1 und 2 erlassen wurden, kann gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 des Bayerischen Naturschutzgesetzes mit einer Geldbuße belegt werden.

(3) Wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 die Maßnahmen nicht anzeigt, kann gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 2 des Bayerischen Naturschutzgesetzes mit einer Geldbuße belegt werden.

§ 12 Andere Verordnungen

Von dieser Verordnung bleiben andere Schutzverordnungen nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz unberührt.

§ 13 Inkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.

Gleichzeitig tritt die Baumschutzverordnung der Landeshauptstadt München vom 12.05.1992 (MüABl. S. 181), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18.12.2000 (MüABl. S. 549), ) außer Kraft.

(2) Erlaubnisse, Anordnungen und Nebenbestimmungen, die aufgrund der Baumschutzverordnung vom 12.05.1992 erteilt wurden, gelten fort.