Verordnung der Landeshauptstadt München über das Landschaftsschutzgebiet „Nymphenburg“

vom 19. August 2005

Stadtratsbeschluss:                        27.07.2005

Bekanntmachung:                            09.09.2005 (MüABl. S. 382, ber. S.450)

 

Die Landeshauptstadt München erlässt aufgrund von Art. 10 Abs. 2, Art. 26 und Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 des Bayerischen Naturschutzgesetzes - BayNatSchG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 18.08.1998 (GVBl. S. 593, BayRS 791-1-UG), zuletzt geändert durch Art. 33 Abs. 1 Bayerisches Landesplanungsgesetz vom 27.12.2004 (GVBl. S. 521), folgende Verordnung:

§ 1 Schutzgegenstand

Der Nymphenburger Park mit Vorfeldern und Nymphenburger Kanal einschließlich Nördlicher und Südlicher Auffahrtsallee, des Grünwaldparkes und Teile des Neuen Botanischen Gartens werden den in § 2 näher bezeichneten Grenzen als Landschaftsschutzgebiet „Nymphenburg“ geschützt.

§ 2 Schutzgebietsgrenzen

(1) Das Schutzgebiet hat eine Größe von ca. 288 ha und liegt in der Landeshauptstadt München innerhalb der Gemarkungen Nymphenburg, Neuhausen, Pasing, Obermenzing, Laim und Moosach.

(2) Die Grenzen des Landschaftsschutzgebietes ergeben sich aus der Karte im Maßstab 1:15 000 (Anlage 1) und der Karte im Maßstab 1 : 5 000, jeweils ausgefertigt von der Landeshauptstadt München am 19.08.2005. Diese beiden Karten sind Bestandteile der Verordnung. Die Karte mit Maßstab 1:15 000 dient zur Orientierung über die Lage des Landschaftsschutzgebietes. Maßgebend ist jedoch der Eintrag in der Karte Maßstab 1:5 000 und dort jeweils die Innenkante der Grenzlinie. Diese Karte wird bei der Landeshauptstadt München - Untere Naturschutzbehörde - archivmäßig aufbewahrt und ist während der Dienststunden allgemein zugänglich. Teile des Landschaftsschutzgebiets (naturnahe Flächen im Schlosspark sowie kanalbegleitende Grünbestände an der Nördlichen und Südlichen Auffahrtsallee) wurden als Teilbereiche des Natura-2000-Gebietes „Nymphenburger Park mit Allee und Kapuzinerhölzl“ unter den Gebietsnummern 7834-301.03, 7834-301.04 und 7834-301.05 an die EU-Kommission gemeldet. Die vom räumlichen Geltungsbereich dieser Verordnung erfassten Teilflächen des Natura-2000-Gebietes sind in der anliegenden Karte im Maßstab 1:15 000 (Anlage 2) nachrichtlich dargestellt.

§ 3  Schutzzweck

(1) Zweck der Festlegung des Landschaftsschutzgebietes Nymphenburg ist es,

1.     die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu erhalten und die Lebensbedingungen für eine standortgerechte Artenvielfalt auf diesen Flächen zu sichern,

2.     die Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes und den historischen Lohwaldcharakter zu erhalten,

3.     die besondere Bedeutung für die Erholung zu gewährleisten, das Naherholungsgebiet in diesem Raum zu sichern sowie den Erholungsverkehr zu ordnen und zu lenken,

4.     einen für das Stadtklima und die Lufthygiene wichtigen zusammenhängenden Landschaftsraum zu erhalten,

5.     den Lebensraum bedrohter und im Stadtgebiet seltener Tiere und Pflanzen zu schützen unter besonderer Berücksichtigung des Arten- und Biotopschutzprogramms (ABSP),

6.     einen bedeutsamen Biotopkomplex für die Biotopvernetzung zu bewahren,

7.     den natürlichen Grundwasser- und Nährstoffhaushalt zu erhalten,

8.     die charakteristische Vegetation und den, durch natürliche und durch traditionelle, regionaltypische Nutzungsformen bzw. durch traditionelle gärtnerische und gartenkünstlerische Maßnahmen entstandenen Struktur- und Artenreichtum zu sichern,

9.     Sonderstandorte und Randstrukturen (z.B. Waldmäntel, Säume, Verlichtungen, Baumalleen und natürliche Uferbereiche fließender Gewässer) zu sichern,

10.  die, durch die naturschutzfachlich bedeutsame Standortvielfalt und die Tier- und Pflanzenwelt bestimmte, natürliche Eigenart des Gebietes in Form eines mosaikartigen Zonengefüges offener, halboffener und beschatteter Waldbereiche durch entsprechende Pflege zu erhalten und zu fördern,

11.  die erforderlichen Lebensräume für die dortige Tier- und Pflanzenwelt mit ihrem hohen Anteil an gefährdeten und allgemein rückläufigen Arten zu sichern und zu fördern,

12.  eine ungestörte Entwicklung der Tier- und Pflanzenwelt sowie ihrer Lebensgemeinschaften, insbesondere auch durch eine verträgliche Lenkung der Erholungsnutzung und Minimierung wild entstandener Trampelpfade zu gewährleisten,

13.  die Habitatfunktionen für lebensraumtypische Tiergruppen (Spechte, Eulen, Fledermäuse, Kleinsäuger, Käfer, Tagfalter) zu erhalten,

14.  die Vernetzung der Habitate mit Altbäumen, die ihr natürliches Lebensalter erreichen können, sowohl im Wald als auch außerhalb zu sichern,

15.  die Biotopverbundfunktionen der Lohwälder und Magerrasen sowie sekundärer Lebensräume (z.B. magere Flachlandmähwiesen und Alleen) am Übergang von Kies- zu Niedermoorböden im Naturraum Münchner Schotterebene zu sichern und zu fördern.

(2) Die Festsetzungen des Landschaftsschutzgebietes „Nymphenburg“ erfolgt auch zum Schutz der Teilbereiche Nr. 7834-301.03, 7834-301.04, 7834-301.05 des gemeldeten Natura-2000-Gebietes „Nymphenburger Park mit Allee und Kapuzinerhölzl“. Die Eigenschaft als gemeldetes Natura-2000-Gebiet erstreckt sich auf die nach § 2 in Anlage 2 nachrichtlich dargestellten Flächen. Erhaltungsziele im Sinne des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 92/43 EWG (FFH-Richtlinie) sind:

1.     Sicherung der Labkraut-Eichen-Hainbuchen-Wälder (Galio-Carpinetum) mit ihrer naturnahen Strukturvielfalt, ihrem Laubholzanteil sowie einem ausreichenden Anteil an starkem, auch stehendem Totholz und Höhlenbäumen unter Beachtung der Verkehrssicherungspflicht.

2.     Sicherung der Populationen des Eremitenkäfers (prioritär). Sicherung eines dauerhaft hohen Angebotes starker Altbäume (v.a. Eichen und Linden) mit Baumhöhlen, insbesondere großen Mulmhöhlen einschließlich anbrüchiger Bäume. Erhaltung der Baumhöhlen, insbesondere der großen Mulmhöhlen als unersetzlichen Lebensraum der Eremiten-Larven, sofern nicht zwingende Gründe der Verkehrssicherung entgegenstehen.

3.     Erhaltung der mageren Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officinalis) mit ihrem charakteristischen Nährstoffhaushalt, ihrer Struktur und Artengemeinschaften, auch als Blütenangebot für holzbewohnende Käferarten.

§ 4 Verbote

Im Landschaftsschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die dem Schutzzweck gemäß § 3 dieser Verordnung zuwider laufen, oder die den Charakter und die Schutzfunktion des Gebietes sowie die Lebensräume der wildlebenden Tiere und Pflanzen nachteilig verändern oder beschädigen.

Es ist insbesondere verboten:

1.     Handlungen vorzunehmen, die dazu geeignet sind, die Natur oder die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu schädigen, den Naturgenuss zu beeinträchtigen oder das Landschaftsbild zu verunstalten,

2.     Veränderungen und Störungen entsprechend Art. 13 c Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG vorzunehmen, die das Landschaftsschutzgebiet in seiner Eigenschaft als gemeldetes FFH-Gebiet in den für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können,

3.     entsprechend Art. 13 c Abs. 2 BayNatSchG Projekte im Sinn des § 10 Abs. 1 Nr. 11 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) durchzuführen, die das Landschaftsschutzgebiet in seiner Eigenschaft als gemeldetes FFH-Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen in den für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können,

4.     wildlebenden Tieren nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Eier, Larven, Puppen oder sonstigen Entwicklungsformen sowie Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten wegzunehmen, zu zerstören oder zu beschädigen,

5.     die Lebensbereiche (Biotope) der Tiere und Pflanzen zu zerstören,

6.     Fremdstoffe jeglicher Art in die Gewässer einzubringen oder derart auf Flächen aufzubringen, dass sie in die Gewässer eingetragen werden können,

7.     Bäume mit erkennbaren Horsten und Höhlen zu fällen, sofern nicht eine unmittelbar drohende Gefahr eine Fällung erfordert.

§ 5 Erlaubnis

(1) Alle sonstigen Handlungen, welche die in § 4 genannten Wirkungen hervorrufen können, bedürfen der Erlaubnis. Der Erlaubnis bedarf insbesondere, wer beabsichtigt,

1.     bauliche Anlagen aller Art, auch von solchen, die keiner baurechtlichen Genehmigung bedürfen, zu errichten, zu ändern oder ihre Nutzung zu ändern,

2.     im Schutzgebiet vorhandene Gehölze zu beseitigen oder zu verändern,

3.     das Landschaftsschutzgebiet gewerblich zu nutzen,

4.     außerhalb der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege mit Kraftfahrzeugen aller Art zu fahren oder Kraftfahrzeuge, Anhänger und Wohnanhänger dort abzustellen; ausgenommen sind Rettungsfahrzeuge und motorisierte Rollstühle,

5.     Bodenbestandteile abzubauen, Aufschüttungen, Ablagerungen, Grabungen, Sprengungen oder Bohrungen vorzunehmen oder die Bodengestalt in sonstiger Weise zu verändern,

6.     Leitungen zu errichten, zu verlegen oder zu verändern,

7.     nicht standortgemäße, heimische Bäume und Sträucher zu pflanzen,

8.     Tiere auszusetzen,

9.     zu düngen und Pflanzenschutzmittel aller Art einzusetzen,

10.  zu lagern, zu zelten, Wohnwägen aufzustellen oder dies zu gestatten,

11.  Feuer zu machen oder zu grillen,

12.  außerhalb der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege zu reiten,

13.  Hunde frei laufen zu lassen,

14.  Veranstaltungen oder Feste im Freien durchzuführen oder dies zu gestatten,

15.  sportliche Betätigungen bzw. Freizeitbetätigungen außerhalb der hierfür speziell ausgewiesenen Bereiche auszuüben, soweit sie eine in § 4 genannte schädigende Wirkung hervorrufen können (speziell Gruppensport, Drachenfliegen, Modellflugzeuge starten lassen, etc.).

16.  Imbissstände oder Imbisswägen aufzustellen.

(2) Die Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 ist unbeschadet anderer Rechtsvorschriften zu erteilen, wenn das Vorhaben nicht geeignet ist, eine in § 4 genannte Wirkung hervorzurufen oder wenn diese Wirkung durch Nebenbestimmungen vermieden oder ausgeglichen werden kann.

(3) Die Erlaubnis kann unter Auflagen, Bedingungen, Befristungen oder widerruflich erteilt werden. Zur Gewährleistung der Erfüllung dieser Nebenbestimmungen kann eine angemessene Sicherheitsleistung gefordert werden.

(4) Für Maßnahmen zur Beseitigung unmittelbar drohender Gefahren gilt die Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 als erteilt. Die Maßnahmen sind der Unteren Naturschutzbehörde unverzüglich, möglichst vor Durchführung und unter Vorlage von aussagekräftigem Dokumentationsmaterial anzuzeigen.

Des weiteren gilt die Erlaubnis für Maßnahmen zur Verkehrssicherung und Maßnahmen, die der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Landschaftsschutzverordnung dienen, gemäß § 5 Abs. 1 als erteilt, soweit sie fachgerecht und im einvernehmen mit der Unteren Naturschutzbehörde ausgeführt werden.

(5) Die Untere Naturschutzbehörde kann in den Fällen des § 5 Abs. 4 zur Vermeidung oder zum Ausgleich einer in § 4 genannten schädigenden Wirkung nachträglich Anordnungen erlassen.

(6) Für die Erteilung der Erlaubnis ist die Landeshauptstadt München als Untere Naturschutzbehörde zuständig.

§ 6 Ausnahmen

(1) Von den Beschränkungen dieser Verordnung bleiben ausgenommen:

1.     die Maßnahmen zur Unterhaltung, zur Park- und Denkmalpflege und zur historischen Gartengestaltung für den Schlosspark unter besonderer Berücksichtigung des Schutzzweckes dieser Verordnung,

2.     die ordnungsgemäße und rechtmäßige Ausübung der Jagd einschließlich Aufgaben des Jagdschutzes mit Ausnahme der Anlage von Wildfütterungen und Wildäckern,

3.     die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Bayerisches Naturschutzgesetz und unter besonderer Berücksichtigung des Schutzzweckes dieser Verordnung, auf den bisher landwirtschaftlich bzw. forstwirtschaftlich genutzten Flächen, in der bisherigen Art und im bisher üblichen Umfang. Maßgebend ist dabei der Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Verordnung,

4.     Maßnahmen zur Unterhaltung von Gewässern und deren Ufer, auch zeitgemäße maschinelle Bachreinigungsmethoden; es gilt jedoch das Verbot zum Einsatz von Grabenfräsen gemäß Art. 6 d Satz 3 BayNatSchG,

5.     Maßnahmen zur Unterhaltung und Instandsetzung von Straßen, Wegen und Plätzen einschließlich der Verkehrssicherung,

6.     Maßnahmen zur Unterhaltung und Instandsetzung der bestehenden Fernmeldelinien, Energieversorgungsanlagen sowie Wasserver- und -entsorgungsanlagen,

7.     das Aufstellen oder Anbringen von Zeichen oder Schildern, die auf den Schutz oder die Bedeutung des Gebietes hinweisen, oder von Schildern wie Wegmarkierungen, Warntafeln, Sperrzeichen sowie Informationsschilder und -tafeln zur Geschichte, Gestaltung und Pflege des Baudenkmals Schlosspark Nymphenburg,

8.     alle notwendigen Handlungen und Maßnahmen zum ordnungsgemäßen Betrieb des Neuen Botanischen Gartens unter besonderer Berücksichtigung des Schutzzweckes dieser Verordnung,

9.     der Betrieb aller im Schutzgebiet vorhandenen Betriebsanlagen der Eisenbahn und deren Zuwegungen einschließlich der Maßnahmen zur Wartung und Instandsetzung,

10.  die Errichtung einer für den Bahnbetrieb notwendigen Zuwegung von der Winfriedstraße bis zum Gleiskörper westlich des ca. bei Bahnkilometer 5,261 der Strecke München-Treuchtlingen vorhandenen Richtfunkmastes; der genaue Verlauf ist mit der Unteren Naturschutzbehörde abzustimmen.

(2) Die über die Regelungen dieser Verordnung hinaus gehenden gesetzlichen Vorschriften für das betroffene Natura-2000-Gebiet bleiben von den Ausnahmen des § 6 Abs. 1 unberührt.

§ 7 Befreiungen

(1) Von den Verboten des Bayerischen Naturschutzgesetzes und dieser Verordnung kann von der Landeshauptstadt München als Untere Naturschutzbehörde gemäß Art. 49 Bayerisches Naturschutzgesetz oder entsprechend Art. 49 a BayNatSchG im Einzelfall eine Befreiung erteilt werden.

(2) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen (Auflagen, Bedingungen, Befristungen) versehen werden. Es kann eine Sicherheitsleistung gefordert werden.

§ 8 Ordnungswidrigkeiten

(1) Nach Art. 52 Abs. 1 Nr. 3 BayNatSchG kann mit Geldbuße bis zu 50.000,-- Euro belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Verboten in § 4 dieser Verordnung oder der Erlaubnispflicht in § 5 dieser Verordnung zuwiderhandelt.

(2) Nach Art. 52 Abs. 2 Nr. 5 BayNatSchG kann mit Geldbuße bis zu 25.000,-- Euro belegt werden, wer ohne Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 12 dieser Verordnung reitet.

(3) Nach Art. 52 Abs. 1 Nr. 6 BayNatSchG kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000,-- Euro belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Nebenbestimmung nach § 5 Abs. 3 oder § 7 Abs. 2 dieser Verordnung nicht nachkommt.

§ 9 In-Kraft-Treten

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.