Satzung zur Umsetzung sozial gerechter Klimaziele auf dem Gebiet der Landeshauptstadt München (KlimaS)
vom 12. September 2021
Stadtratsbeschluss: 28.07.2021
Bekanntmachung: 30.09.2021 (MüABl. S. 551)
Die Landeshauptstadt München erlässt aufgrund von Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.08.1998 (GVBl. S. 796, BayRS 2020-1-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.03.2021 (GVBl. S. 74), folgende Satzung:
§ 1 Sozial gerechter Klimaschutz und Klimaanpassung als Querschnittsaufgaben
(1) Die Landeshauptstadt München hat für das Stadtgebiet München am 18.12.2019 den Klimanotstand ausgerufen und ihre Klimaziele an das Pariser Klimaschutzabkommen angepasst.
(2) Die Stadt und ihre kommunalen Unternehmen wirken im Rahmen ihrer Zuständigkeiten in eigener Verantwortung an der Umsetzung dieser angepassten Klimaziele mit.
(3) Klimaschutz und Klimaanpassung werden unter Berücksichtigung der jeweils geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen auf EU-, Bundes-, und Landesebene bei allen Planungen, Maßnahmen und Entscheidungen der Stadt und ihrer kommunalen Unternehmen berücksichtigt.
(4) Klimaschutz ist immer mit sozialer Gerechtigkeit verbunden. München setzt seine Klimaziele nachhaltig um. Das heißt im Dreiklang der sozial, ökologisch und ökonomisch dauerhaft nachhaltigsten Weise. Dabei orientieren sie sich an den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen.
(5) Die Bürgerinnen und Bürger sowie die Münchner Gewerbetreibenden werden entsprechend ihrer individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei der Erreichung der Klimaziele beteiligt.
§ 2 Zweck der Satzung
Mit dieser Satzung werden in Fortsetzung des Stadtratsbeschlusses vom 18.12.2019 die Ziele der Stadt zur Minderung von Treibhausgasemissionen und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels festgelegt.
§ 3 Anwendungsbereich
(1) Bundes- oder landesrechtliche Vorschriften haben Vorrang vor dieser Satzung.
(2) Soweit die Belange des Klimaschutzes aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Vorschriften ausdrücklich oder im Rahmen öffentlicher Belange seitens der Stadt zu berücksichtigen sind, finden die Vorschriften dieser Satzung unter Berücksichtigung der fachgesetzlichen Systematik ergänzende Anwendung.
§ 4 Ziele
Die Landeshauptstadt München schafft in ihrem Wirkungskreis die organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zur Erfüllung der folgenden Ziele:
1.
Klimaneutralität
der Stadt und ihrer kommunalen Unternehmen bis zum Jahr 2030;
2.
Klimaneutralität
innerhalb des gesamten Gebiets der Landeshauptstadt München bis 2035 und
3.
eine an die
Folgen des Klimawandels angepasste Landeshauptstadt München.
4.
Bei
Beteiligungsgesellschaften, bei denen § 5 Abs. 3 nicht greift, wirken die
Gesellschaftsvertreter*innen im Sinne dieser Satzung.
§ 5 Begriffsbestimmungen
(1) Landeshauptstadt München: die kreisfreie Stadt München als Gebietskörperschaft.
(2) Stadt: Die Landeshauptstadt München als Organisationseinheit einschließlich der Verwaltung, insbesondere alle Referate und Dienststellen, einschließlich Eigen- und Regiebetriebe.
(3) Kommunale Unternehmen: Gemeindliche Unternehmen der
Landeshauptstadt München
im Sinne des Art. 86 Nrn. 2 und 3 GO, wenn die Landeshauptstadt München an
ihnen (a)
die Mehrheit des gezeichneten Kapitals besitzt, (b) über die Mehrheit der mit
den Anteilen verbundenen Stimmrechte verfügt oder (c) mehr als die Hälfte der
Mitglieder des Verwaltungs- , Leitungs- oder Aufsichtsorgans bestellen
kann.
(4) Wirkungskreis der Stadt: Die Stadt und alle kommunalen Unternehmen.
(5) Berechnungsstandard: Anerkannter fachlicher Standard zur Berechnung von Treibhausgasemissionen.
(6) Treibhausgasemissionen: Emissionen von Kohlenstoffdioxid (CO2),
Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2 O),
teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffen (H-FKW/HFC), perfluorierten
Kohlenwasserstoffen (FKW/PFC) und Schwefelhexafluorid (SF6). Der
relative Beitrag dieser Emissionen zum Treibhauseffekt kann in CO2-Äquivalenten
angegeben werden (CO2-Äquivalente).
(7) Klimafolgekosten: Kosten, die durch die Veränderung des
Klimas aufgrund der jeweiligen Entscheidung oder Maßnahme entstehen, und nach
dem Standard des Umweltbundesamtes zur Berechnung von Umweltfolgekosten und
nach den entsprechenden städtischen Richtlinien berechnet werden.
(8) Langlebiges Wirtschaftsgut: Produkte mit einer
Haltbarkeit von mehr als 3 Jahren.
§ 6 Vorbildfunktion und Handlungsspielräume der Stadt
(1) Die Stadt nimmt bei der Verfolgung der in § 4 genannten Ziele ihre Vorbildfunktion und ihre Handlungsmöglichkeiten wahr.
(2) Die Stadt fördert im Rahmen ihrer Handlungsmöglichkeiten insbesondere
1.
die Umsetzung
hoher energetischer Gebäudestandards in Verbindung mit erneuerbaren Energien
auf der Versorgungsseite (Wärme und Kälte);
2.
die Steigerung
der Nutzung von Solarenergie;
3.
klimafreundliche
Mobilität, die überwiegend im Umweltverbund organisiert ist;
4.
Klimaanpassung
durch Grüne und Blaue Infrastruktur;
5.
Resilienz durch
Starkregenvorsorge und Schwammstadtprinzipien;
6.
zirkuläre
Wirtschaftskreisläufe und
7.
nachhaltige
Lebensstile.
§ 7 Klimastrategie und Instrumente für den Klimaschutz
Der Stadtrat beschließt auf Vorschlag des Referates für Klima- und Umweltschutz
1.
die inhaltlichen
Schwerpunkte im Klimaschutz und bei der Klimaanpassung (Klimastrategie), sowie
2.
die dafür
erforderlichen Zwischenziele, die bis zur Erreichung der in § 4 genannten Ziele
schrittweise erreicht werden sollen,
3. die regelmäßige Fortschreibung dieser Klimastrategie.
(2) Das Referat für Klima- und Umweltschutz
1.
bereitet hierfür
auf Basis wissenschaftlich fundierter Gutachten inhaltliche Schwerpunkte im
Klimaschutz und bei der Klimaanpassung (Klimastrategie) vor,
2.
entwickelt im
Rahmen der Klimastrategie Maßnahmenpläne zur Erreichung der in § 4 genannten
Ziele,
3.
schreibt diese
Klimastrategie unter Berücksichtigung der Ergebnisse des
Treibhausgasmonitorings (§ 9) regelmäßig fort und legt diese dem Stadtrat
schriftlich vor.
(3) Bei der Aufstellung und der Fortschreibung der Klimastrategie werden auch weitere ökologische, wirtschaftliche und soziale Belange berücksichtigt. Soziale Auswirkungen finden besondere Berücksichtigung. Zu diesen wird das Sozialreferat regelmäßig eingebunden.
(4) Die Landeshauptstadt München trägt dafür Sorge, dass innerhalb des Wirkungskreises der Stadt:
1.
neue Regelungen
zur Unterstützung der in dieser Satzung niedergelegten Grundsätze (§§ 4 und 6)
erlassen werden,
2.
bestehende
Regelungen überprüft und gegebenenfalls geändert oder aufgehoben werden, soweit
sie den in dieser Satzung niedergelegten Grundsätzen (§§ 4 und 6)
entgegenstehen,
3.
die in dieser
Satzung niedergelegten Grundsätze (§§ 4 und 6) bei allen Planungs-, Ermessens-
und sonstigen Entscheidungen umfassend und frühzeitig berücksichtigt werden,
4.
bei allen
wesentlichen Investitionsentscheidungen und bei der Beschaffung von langlebigen
Wirtschaftsgütern die in dieser Satzung niedergelegten Grundsätze (§§ 4 und 6)
und die Klimafolgen berücksichtigt werden und - soweit möglich - die
Klimafolgekosten berechnet werden,
5.
bei der
Bestimmung des Zwecks von finanziellen Zuwendungen eine Abwägung mit den in
dieser Satzung niedergelegten Grundsätzen (§§ 4 und 6) und den Klimafolgen und
- soweit möglich - den anzusetzenden Klimafolgekosten, erfolgt und
6.
die Beschlüsse
der entsprechenden Gremien auf ihre Klimawirksamkeit vorab geprüft und das
Ergebnis der Prüfung und etwaiger Alternativen dem jeweiligen
Beschlussvorschlag beigefügt wird.
§ 8 Finanzierung
(1) Die Landeshauptstadt München stellt in jedem Haushaltsjahr unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben und der Verfügbarkeit der Haushaltsmittel gesonderte zusätzliche Haushaltsmittel zur Förderung der Maßnahmen, die der Erreichung der in § 4 genannten Ziele dienen zur Verfügung.
(2) Die Koordinierung und inhaltliche Steuerung der in Abs. 1 genannten Haushaltsmittel übernimmt das Referat für Klima- und Umweltschutz.
§ 9 Treibhausgasmonitoring
(1) Das Referat für Klima- und Umweltschutz stellt der Stadt und ihren kommunalen Unternehmen die geeigneten Instrumente zur Verfügung, so dass diese regelmäßig nach einem definierten Berechnungsstandard ihren jeweiligen CO2-Fußabdruck berechnen können und der gesamte CO2-Fußabdruck im Wirkungskreis der Stadt regelmäßig berechnet werden kann.
(2) Das Referat für Klima- und Umweltschutz berechnet regelmäßig auf Basis eines Berechnungsstandards die Summe der insgesamt innerhalb des Gebiets der Landeshauptstadt München entstandenen Treibhausgasemissionen.
(3) Das Referat für Klima- und Umweltschutz erstellt regelmäßig einen Bericht über
1.
die seitens der
Stadt und ihrer kommunalen Unternehmen emittierten Treibhausgasemissionen
aufgrund der jeweiligen Einzelberechnung nach Abs. 1;
2.
die insgesamt
innerhalb des Gebiets der Landeshauptstadt München emittierten
Treibhausgasemissionen nach Abs. 2 und
3. die Erreichung der festgelegten Zwischenziele und den Stand der Umsetzung der in § 4 genannten Ziele.
§ 10 Bildung und Fortbildung im Bereich Klimaschutz
(1) Die Erziehungs- und Bildungsträger der Landeshauptstadt München sollen über Ursachen und Bedeutung des Klimawandels sowie die Aufgaben des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel aufklären und das Bewusstsein des Einzelnen für die Mitwirkung und Verantwortung fördern.
(2) Das Referat für Klima- und Umweltschutz führt regelmäßig Schulungen der Beschäftigten der Stadt und der kommunalen Unternehmen bezüglich geeigneter Maßnahmen zur Erreichung der in § 4 genannten Ziele durch.
§ 11 Klimarat
(1) Die Landeshauptstadt München richtet einen Klimarat ein. Der Klimarat nimmt Stellung zu Grundsatzentscheidungen der Stadt im Klimaschutz und ist kritisch-konstruktiver Begleiter und Berater der Stadt bei der Fortschreibung der Klimastrategie.
(2) Die Rechte und Pflichten des Klimarats ergeben sich aus einer gesonderten Satzung.
§ 12 Klimaschutzvereinbarungen mit privaten Unternehmen
Die Stadt wirkt auf den Abschluss von freiwilligen Klimaschutzvereinbarungen und auf die freiwillige Bildung von Klimaschutzbündnissen mit Unternehmen hin. Ziel dieser Klimaschutzvereinbarungen und Klimaschutzbündnisse ist es, die Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch der Unternehmen zu reduzieren.
§ 13 Klimaschutzpreis
Die Landeshauptstadt München verleiht jährlich einen Preis an natürliche oder juristische Personen für besondere Leistungen, die der Erreichung der in § 4 genannten Ziele dienen.
§ 14 Ausschluss der Klagbarkeit
Subjektive Rechte und klagbare Rechtspositionen werden durch oder auf Grund dieser Satzung nicht begründet.
§ 15 Inkrafttreten
Diese Satzung tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.