Verordnung über das Leichenwesen im Bereich der Landeshauptstadt München (Leichenordnung)
vom 18. Dezember 2006
Stadtratsbeschluss: 13.12.2006
Bekanntmachung: 10.01.2007 (MüABl. S. 3, ber. S. 32)
Die Landeshauptstadt München erlässt aufgrund von Art. 17 Abs. 1 und 2 des Bestattungsgesetzes (BestG) vom 24.09.1970 (BayRS 2127-1-UG), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.07.2005 (GVBl. S. 287), folgende Verordnung:
§ 1 Anmeldepflicht
(1) Jeder Sterbefall im Bereich der Landeshauptstadt München ist spätestens an dem auf den Todestag folgenden Werktag bei der Friedhofverwaltung der Landeshauptstadt München anzuzeigen.
(2) Zur Anzeige sind verpflichtet:
1. der Ehegatte, die Ehegattin, der eingetragene Lebenspartner/die eingetragene Lebenspartnerin und die Verwandten nach dem Grad ihrer Verwandtschaft;
2. der-/diejenige, in dessen/deren Anstalt oder Wohnung sich der Sterbefall ereignet hat;
3. jede Person, die bei dem Tode zugegen war oder von dem Sterbefall aus eigenem Wissen unterrichtet ist.
Sobald eine Person den Sterbefall gemeldet hat, entfällt die Anzeigepflicht der anderen Verpflichteten.
(3) Durch die Anzeige bei der Friedhofverwaltung (Abs. 1) werden die vorgeschriebenen Anzeigepflichten nach dem Personenstandsgesetz gegenüber dem Standesbeamten sowie nach dem Infektionsschutzgesetz gegenüber der Gesundheitsbehörde nicht berührt.
§ 2 Leichenbesorgungsunternehmen, Leichenbesorger
(1) Die gesamten die Leichenbesorgung und den Leichentransport umfassenden Verrichtungen dürfen von privaten gewerblichen Bestattern und Leichenbesorgern nur ausgeführt werden, wenn sie ihren Betrieb nach § 14 Gewerbeordnung (GewO) angezeigt haben.
(2) Bestatter und Leichenbesorger mit auswärtigem Unternehmenssitz, die in München Leichen abholen oder als Bestatter tätig werden, müssen die erstmalige Aufnahme ihrer Tätigkeit im Stadtgebiet - auch im Einzelfall - bei der Landeshauptstadt München - Friedhofverwaltung anzeigen und die behördliche Empfangsbescheinigung der Betriebsanzeige (§ 15 GewO) vorlegen. Die Anzeige bei der Friedhofverwaltung muss vollständige Angaben über Namen und Anschrift des Firmeninhabers enthalten. Die mit der Leichenbesorgung beschäftigten Personen müssen ihre Firmenzugehörigkeit nachweisen können.
(3) Leichenbesorger im Sinne dieser Verordnung sind die Personen, welche die Leichenbesorgung persönlich vornehmen, gleichgültig, ob sie dies selbstständig oder in abhängiger Stellung tun.
§ 3 Pflichten der Leichenbesorgungsunternehmen
(1) Nach Annahme eines Auftrages zur Besorgung oder zum Transport einer Leiche haben die Leichenbesorgungsunternehmen dafür zu sorgen, dass die Bestattung unter Einhaltung aller Vorschriften fachgerecht vorbereitet wird.
(2) Sie haben insbesondere den Auftraggeber/die Auftraggeberin darauf hinzuweisen, dass
1. die Leichenschau durch einen Arzt unverzüglich zu veranlassen ist, zur Nachtzeit jedoch nur, wenn Anhaltspunkte für einen nicht natürlichen Tod vorliegen,
2. bei natürlichem Tod die vom Arzt ausgestellte Todesbescheinigung mit Durchschrift unverzüglich dem für die Beurkundung des Sterbefalls zuständigen Standesamt zuzuleiten ist,
3. die Erd-, Feuer- oder Seebestattung bzw. Leichenüberführung bei der Landeshauptstadt München - Friedhofverwaltung anzumelden ist und mit dieser Zeit und Ort der Beisetzung zu vereinbaren sind,
4. bei den verschiedenen Aufbahrungsmöglichkeiten des § 4 Abs. 2 Fristen einzuhalten sind (§§ 4 bis 6).
§ 4 Leichenbesorgung, Aufbahrung
(1) Jede Leiche ist nach der Leichenschau unverzüglich, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen, noch am Sterbeplatz in einen schicklichen Zustand zu bringen.
(2) Nach der Einsargung können Verstorbene, bei denen aus infektionshygienischer Sicht keine Schutzmaßnahmen erforderlich sind, in Wohnhäusern, Kirchen, Krankenhäusern, Altenheimen, öffentlichen Leichenräumen oder gleich geeigneten privaten Leichenräumen (§ 5 Satz 2) in würdiger Weise offen aufgebart werden. Die Aufbahrung im eingesargten Zustand außerhalb von Leichenräumen ist unter Wahrung der Würde auf die ersten drei Tage nach Eintritt des Todes begrenzt. Die würdige Aufbahrung ohne Einsargung des/der Verstorbenen ist nur am Sterbeort bis maximal einen Tag zulässig.
(3) Über die Zulässigkeit einer offenen Aufbahrung von Verstorbenen mit einer Infektionskrankheit entscheidet das Sachgebiet Infektionsschutz des Referates für Gesundheit und Umwelt.
(4) In Ausnahmefällen können die Fristen des Abs. 2 auf Antrag der Angehörigen von der Friedhofverwaltung verlängert werden, wenn nach ärztlichem Zeugnis bescheinigt wird, dass Bedenken hiergegen nicht bestehen.
§ 5 Pflicht zur Leichenraumbenutzung
Spätestens 72 Stunden nach dem Tod ist der Leichnam in eine Leichenhalle des Friedhofs oder in einen anderen geeigneten Raum zu überführen, der ausschließlich der Aufbahrung oder der Aufbewahrung von Leichen dient. Geeignet sind Räume, die mindestens den von der Gartenbau-Berufsgenossenschaft in ihrer Unfallverhütungsvorschrift für Friedhöfe und Krematorien aufgestellten und den weiteren im Rahmen des Genehmigungsverfahrens gestellten Anforderungen genügen und die Würde und Achtung der Toten angemessen wahren.
§ 6 Übergabe der Leiche an die Friedhofverwaltung
(1) Eine Leiche, die auf einem Münchner Friedhof erdbestattet werden soll, muss spätestens 24 Stunden vor dem Beisetzungstermin in das Leichenhaus des Friedhofs verbracht werden, auf dem sie bestattet wird.
(2) Eine Leiche, die feuerbestattet wird, ist spätestens 72 Stunden nach dem Tode (Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage werden nicht mitgerechnet) in das Krematorium zu verbringen. Die Friedhofverwaltung kann Ausnahmen in besonders begründeten Einzelfällen genehmigen.
(3) Bei der Übergabe der Leiche an die Friedhofverwaltung muss am Sargdeckel sowohl innen als auch außen an der Kopfseite ein Sargzettel mit folgenden Angaben sicher befestigt sein:
- Name und Alter des/der Verstorbenen,
- Todestag,
- Bestattungsort (Friedhof),
- ggf. das Vorliegen einer übertragbaren Krankheit.
Die Anbringung der Sargzettel obliegt den Leichenbesorgern.
§ 7 Leichenüberführungen nach auswärts
(1) Vor Überführung einer Leiche von München nach auswärts ist das überführende Unternehmen verpflichtet, auf einem städtischen Friedhof vorzufahren, um die ordnungsgemäße Einsargung und das Vorliegen aller Voraussetzungen für die Überführung überprüfen zu können. § 6 Abs. 3 gilt entsprechend.
(2) Über Ausnahmen von der Vorfahrpflicht in begründeten Einzelfällen entscheidet auf Antrag die Friedhofverwaltung.
§ 8 Sonderregelung für Angehörige des israelitischen Glaubensbekenntnisses
(1) Die Besorgung von Leichen Angehöriger des israelitischen Glaubensbekenntnisses, die auf israelitischen Friedhöfen beigesetzt werden, wird von der Israelitischen Kultusgemeinde wahrgenommen.
(2) Die Bestimmungen dieser Verordnung finden unter Berücksichtigung der rituellen Gebräuche der israelitischen Glaubensgemeinschaft Anwendung. Der Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde ist für die Beachtung dieser Bestimmungen verantwortlich.
(3) Zeit und Ort der Beerdigung dieser Leichen sind unter Beachtung der einschlägigen Bestimmungen von der in Abs. 1 genannten Stelle festzulegen.
(4) Die Abs. 1 mit 3 finden keine Anwendung, wenn Leichen von Angehörigen des israelitischen Glaubensbekenntnisses feuerbestattet oder nicht in einem israelitischen Friedhof beerdigt werden.
§ 9 Behördliche Aufsicht
(1) Alle bei der Besorgung und Beförderung von Leichen eingesetzten Personen sowie die Bestattungsunternehmen unterliegen hinsichtlich ihrer Tätigkeit im Stadtgebiet der Aufsicht durch die Landeshauptstadt München - Friedhofverwaltung.
(2) Die Gesundheitsbehörde kann im Einzelfall aus Gründen der öffentlichen Gesundheit besondere Weisungen erteilen.
§ 10 Ordnungswidrigkeiten
Nach Art. 18 Abs. 1 Nr. 14 BestG kann mit Geldbuße belegt werden, wer
1. entgegen § 1 seine Anzeigepflicht verletzt,
2. entgegen § 2 Leichenbesorgungen oder Leichentransporte unbefugt durchführt,
3. entgegen § 3 Abs. 1 die Bestattung nicht den Vorschriften gemäß oder nicht fachgerecht vorbereitet oder entgegen § 3 Abs. 2 die Hinweise nicht erteilt,
4. den Vorschriften des § 4 zuwiderhandelt, indem er/sie die Art und Weise oder die Fristen der Aufbahrung missachtet,
5. entgegen § 5 die Pflicht zur Leichenraumbenutzung 72 Stunden nach Eintritt des Todes missachtet oder Leichen in ungeeigneten Räumen aufbahrt oder aufbewahrt,
6. entgegen § 6 eine Leiche nicht rechtzeitig dem Friedhof (Abs. 1) oder dem Krematorium (Abs. 2) übergibt oder entgegen Abs. 3 die Sargzettel nicht angebracht hat,
7. entgegen § 7 vor der Überführung einer Leiche nach auswärts nicht auf einem städtischen Friedhof vorfährt.
§ 11 Sonstige Vorschriften
Unberührt bleiben Vorschriften, die sich außerhalb dieser Verordnung mit dem Leichenwesen befassen, insbesondere das Bestattungsgesetz, die Bestattungsverordnung, die Friedhofsatzung und das Infektionsschutzgesetz, in den jeweils gültigen Fassungen.
§ 12 Inkrafttreten
(1) Die Verordnung tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Leichenordnung vom 12. Dezember 1986 (MüABl. S. 319) außer Kraft.